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Vor Bürgerbefragung um Olympia: Sport-Hype oder Geld-Sorgen? München stimmt über Olympia ab
Will München sich nochmal um Olympia bewerben? Das entscheiden die Bürger am Sonntag. Befürworter träumen vom großen Sportfest und einem Wirtschaftsboom. Wieviel das alles kostet, das bleibt unklar.
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Vor dem Topspiel Bayern-Dortmund schwärmen Sportler und Funktionäre auf dem Rasen der Allianz Arena von der Münchner Olympia-Bewerbung. Turner Lukas Dauser träumt davon, wie sein kleiner Sohn Willi irgendwann selbst bei Spielen vor der Haustür dabei ist. München ist voll von Fahnen und Plakaten mit den fünf Ringen. Kurz vor der Bürgerbefragung geben Olympia-Befürworter - aber auch die Gegner - noch mal alles, um die Unentschlossenen vor der Abstimmung an diesem Sonntag zu überzeugen.
Rund 1,1 Millionen Münchnerinnen und Münchner sind eingeladen zu entscheiden, ob sich die bayerische Landeshauptstadt für die Sommerspiele bewerben soll. Ob es dabei um 2036, 2040 oder 2044 geht, das ist noch hoffen - zunächst wird in München nur die grundsätzliche Bereitschaft abgefragt.
Söder: Wenn nicht hier, dann woanders auch nicht
Während Kritiker vor allem die hohen Kosten - sowohl der Bewerbung als dann auch des Events - anprangern, setzen die Befürworter auf einen Mix aus Folklore, Wirtschafts-Versprechen und Mia-san-Mia-Attitüde. „München ist weltweit bekannt und beliebt. Deshalb haben wir die größten Chancen, am Ende die Bewerbung für Deutschland beim IOC zu gewinnen“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zuletzt der „Bild am Sonntag“ und meinte: „Wenn es hier nicht klappt, dann wohl auch woanders nicht.“
Als großes Plus der Münchner Kampagne wird angeführt, dass fast alle Wettkampfstätten vorhanden sind und höchstens modernisiert oder renoviert werden müssen: Vom Olympiastadion über diverse Hallen bis zum Eiskanal in Augsburg; auch wenn es bei der Kanu-Anlage zuletzt öfter Probleme mit dem Wasser gab. Die Sanierung etlicher Sportstätten könnte gerade - oder nur - bei einem Olympia-Zuschlag klappen, heißt es darüber hinaus.
Befürworter setzen auf „Rückenwind“ für etliche Projekte
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagt, dass bei einem Zuschlag für München „viele für unsere Stadt wichtige Projekte Rückenwind bekommen, zum Beispiel der Ausbau des ÖPNV und der Bau von dringend benötigten Wohnungen. Diese Chance sollten wir nutzen!“ Im Nordosten der Stadt ist der Bau des olympischen Dorfes geplant, aus dem nach Olympia und den Paralympics Wohnungen für mehr als 10.000 Menschen werden sollen.
Just da aber haken die Kritiker ein - es geht vor allem um Geld. Der Grünen-Politiker Ludwig Hartmann etwa schimpft, dass Steuergelder in Millionenhöhe für eine Bewerbung und dann in Milliardenhöhe für die Spiele ausgegeben werden, wenn man diese doch gleich in Stadtentwicklung und Wohnungsbau stecken könnte. „Ich warte doch nicht bis 2044 für eine Lösung“, sagt der prominenteste Olympia-Gegner. „Die Lösung muss jetzt kommen!“
Olympische Spiele der Vergangenheit immer teurer als geplant
München hat nach eigenen Angaben bislang rund acht Millionen Euro für die Olympia-Bewerbung inklusive des anstehenden Bürgerentscheids ausgegeben. Sollte München sich im deutschen Wettstreit gegen Berlin, Hamburg und die Region Rhein-Ruhr durchsetzen und dann vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) auch die Spiele erhalten, dann kommen erst die ganz großen Gelder aufs Tableau. Und da fehlen bislang konkrete Finanzprognosen.
Bei den Kosten für Olympische Spiele wird in der Regel zwischen Eventkosten - also die Kosten für die konkrete Durchführung der Spiele - und anderen Kosten entschieden. Darunter sind zumeist langwierigere, umfangreichere und teurere Vorhaben wie Investitionen in Infrastruktur. Dabei kommt es häufig zu Debatten, wie just jene nachhaltigen Investitionen zu bewerten und berechnen sind - schließlich kämen sie einer Stadt ja auch nach den Spielen zugute.
Eine konkrete Vorhersage gibt es von München diesbezüglich nicht. Weil die Spiele - vor allem jene von 2040 und 2044 - zudem in ungewöhnlich ferner Zukunft liegen, scheint so eine Prognose auch seriös kaum möglich. Einen Trend aber gibt es bei Olympia seit Jahrzehnten: Die Spiele werden am Ende fast immer teurer als zu Beginn veranschlagt. Das ergab eine Studie der Universität Oxford. Selbst Paris 2024, das von München und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) als Beispiel für begeisternde Spiele herangezogen wird, war laut der Erhebung doppelt so teuer als geplant.
Zweifel an Wirtschaftlichkeit von Olympia
Die OlympJa-Kampagne versucht derartige Sorgen zu zerstreuen und hofft, dass ein möglicher Wirtschaftsboom durch Olympia die Ausgaben rechtfertige. Bei einer dpa-Umfrage gaben diverse Wirtschaftsforschungsinstitute an, dass es sehr schwer sei, dass sich Spiele wirtschaftlich im engeren Sinne lohnen - also rentabel sind. Eine Studie der TU München zur Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit einer Bewerbung ergab zuletzt, „dass der gesamtwirtschaftliche Mehrwert sowohl positiv als auch negativ ausfallen kann.“
Viele Befürworter setzen deshalb auf emotionale Aspekte und erinnern daran, wie die Sommerspiele 1972 München auf ein neues Level katapultiert hatten. „Ich glaube, diese zweite Olympiade nach 1972 würde dieser Stadt noch mal einen Auftrieb und Aufschwung geben“, sagte etwa Bayern-Patriarch Uli Hoeneß, der selbst damals als Fußballer dabei war. „Wir brauchen Aufbruch in diesem Land. Wir brauchen eine Perspektive.“ Am Sonntag wird sich zeigen, ob das auch die Münchnerinnen und Münchner so sehen.
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